BERICHT ZUM SCHULPROJEKT 2017/18 DER ELISABETH-KÄSEMANN-STIFTUNG

Mit schönem Erfolg konnte im Juni 2018 das erste Schulprojekt der Elisabeth-Käsemann-Stiftung abgeschlossen werden. Fünf argentinische und acht deutsche Schülerinnen und Schüler präsentierten in Stuttgart und Buenos Aires ihre jeweilige Ausstellung zum Thema Menschenrechte, die sie über das Jahr hinweg als Beitrag zu ihrer Abiturleistung erarbeitet hatten.

Präsentation der Ausstellung
„Keine Worte. Gedanken- und Meinungsfreiheit in Schule und Musik in Buenos Aires, Argentinien, in den Jahren 1976–83“

Am 11. Juni 2018 eröffneten die Schülerinnen und Schüler aus der Pestalozzi-Schule in Buenos Aires ihre in Deutsch präsentierte Ausstellung im Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Stuttgart.

Die leitende Ministerialrätin im Kultusministerium, Sabine Aichholz, begrüßte in Vertretung der Kultusministerin von Baden-Württemberg, Dr. Susanne Eisenmann, die Besucher der Ausstellung.

Die Jugendlichen aus der Pestalozzi-Schule gaben ihrer Ausstellung den Titel „Keine Worte“. Sie beschäftigt sich mit dem Recht auf Gedanken- und Meinungsfreiheit an ihrer eigenen Schule und dem Colegio Nacional in Buenos Aires während der Zeit der argentinischen Militärdiktatur. Im Rahmen ihres Projekts arbeiteten sich die Jugendlichen in das Thema Menschenrechte ein, führten Zeitzeugeninterviews, besuchten Archive und erhielten eine Einführung in Ausstellungskonzeption.
Mit Zeitzeugeninterviews haben die argentinischen Schülerinnen und Schüler neue historische Quellen geschaffen. Neben anderen befragten sie Juan Ernesto Aleman zum Recht auf Meinungsfreiheit. Aleman war zur Zeit der Militärdiktatur Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Sein Vater Ernesto Aleman hatte 1934 die Pestalozzi-Schule als Reaktion auf die nationalsozialistische Gleichschaltung der deutschen Schulen in Argentinien gegründet
Die argentinischen Jugendlichen im Gespräch mit Esteban Morelli, stellvertretender Generalkonsul der Republik Argentinien. Den Bezug zur Gegenwart stellten die Schülerinnen und Schüler über eine Umfrage her, die nach dem Umgang mit der Meinungsfreiheit in heutiger Zeit fragte und deren Ergebnisse sie in ihrer Ausstellung präsentierten.
Anlässlich der Ausstellungspräsentation im Haus der Geschichte interviewten Nora Winker und Valentin Petri vom Wildermuth-Gymnasium Dr. Axel Smend. Smend, geboren im Mai 1944, ist Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung 20. Juli 1944 in Berlin. Sein Vater war der Offizier Günther Smend. Er wurde 1943 zum Adjutanten von Generaloberst Zeitzler ernannt und gehörte zum Kreis der Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944, die mit einem Attentat Deutschland von der Hitlerdiktatur befreien wollten. Ihren Mut haben er und andere am 8. September 1944 in der Hinrichtungsstätte Berlin-Plötzensee mit dem Leben bezahlen müssen.
Die Teilnehmenden und die Leitung des Projekts mit Dr. Axel Smend

Präsentation der Ausstellung
„VERDAD. La dura memoria histórica de los alemanes y el derecho a la verdad“ „WAHRvergangenHEIT. Die schwierige Erinnerung an den Nationalsozialismus und das Recht auf Wahrheit“

Am 22. Juni 2018 zeigten die Schülerinnen und Schüler aus dem Wildermuth-Gymnasium in Tübingen das Ergebnis ihrer Arbeit in spanischer Sprache im Haus der Identität – Ort der Erinnerung und der Menschenrechte (Casa por la Identidad – Espacio Memoria y Derechos Humanos) in Buenos Aires. Die Casa por la Identidad auf dem Gelände des ehemaligen bedeutendsten argentinischen Haft- und Folterlagers Escuela de Mecánica de la Armada (ESMA) ist Sitz der weltweit bekannten Organisation Großmütter der Plaza de Mayo (Abuelas de Plaza de Mayo).
Grußworte des Gesandten der deutschen Botschaft, Daniel Krull, und Begrüßung durch Alejandra Naftal, Direktorin der Gedenkstätte ESMA in Buenos Aires.
Die Jugendlichen aus dem Wildermuth-Gymnasium griffen in ihrer Ausstellung die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit in Deutschland auf und verbanden diese mit der Frage, ob es im Sinne des Rechts auf Wahrheit zu einer umfänglichen Aufklärung der deutschen Gesellschaft über die nationalsozialistische Vergangenheit kam. Das Recht auf Wahrheit wird in der internationalen Rechtsprechung in den letzten Jahrzehnten vielfach als Ergänzung zu den kodifizierten Menschenrechten angewandt.

Das Symbol der zwei Augen
Ein Gesicht mit einem geschlossenen und einem offenen Auge symbolisiert in der Ausstellung die zwei Haltungen im Umgang mit der Vergangenheit: sich ihr stellen oder sie leugnen. Die Besucher der Ausstellung hatten die Möglichkeit, mit Klebezetteln in zwei verschiedenen Farben die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit in Deutschland als erfolgreich oder weniger gelungen zu bewerten.

Zeitstrahl
Ein Zeitstrahl markiert bedeutende Ereignisse im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen und juristischen Aufarbeitung von Deutschlands autoritärer Vergangenheit.

Interview mit Aida Rosenfeld

Die argentinischen Schülerinnen Natasha Boroda und Camila Orozco de la Hoz interviewten Aida Rosenfeld, deren Enkel Sebastián Rosenfeld (links) und Leonardo Fossati Ortega (rechts, mit Brille). Sebastián wurde im geheimen Haft- und Folterlager ESMA geboren. Seine Eltern wurden von der argentinischen Militärdiktatur ermordet. Seine Großmutter fand ihren verschwundenen Enkel erst, als er fünf Jahre alt war. Leonardo wurde 1977 ebenfalls in einem Haft- und Folterlager geboren. Auch seine Eltern wurden von der argentinischen Militärdiktatur umgebracht und er selbst einem Militärangehörigen zur Adoption übergeben. Seine wahre Identität erfuhr Fossati Ortega erst im Jahr 2004.

Aida Rosenfeld mit den deutschen und argentinischen Teilnehmenden des Schulprojekts der Elisabeth-Käsemann-Stiftung.

Impressionen der Ausstellungspräsentation am 22. Juni 2018

STATIONEN DES SCHULPROJEKTS 2017/18 DER ELISABETH-KÄSEMANN-STIFTUNG

Über das Schuljahr 2017/18 hinweg fanden verschiedene Aktivitäten im Rahmen des Schulprojekts der Elisabeth-Käsemann-Stiftung statt.

Museo Sitio de Memoria ESMA, Buenos Aires, 21. Juni 2018

Die deutsche und die argentinische Schülergruppe besichtigten das Museo Sitio de Memoria ESMA. Die Escuela de Mecánica de la Armada (ESMA) war eine Ausbildungsinstitution der Marine, die während der argentinischen Diktatur (1976–1983) zugleich als eine der wichtigsten geheimen Haft- und Folterzentren diente. Das Gebäude des ehemaligen Offizierscasinos auf dem Gelände der ESMA wurde 2015 als Museo Sitio de Memoria ESMA eröffnet.

Parque de la Memoria, Buenos Aires, 20. Juni 2018

Die Schülerinnen und Schüler des Wildermuth-Gymnasiums in Tübingen besuchten die Gedenkstätte Parque de la Memoria in Buenos Aires.
Gang entlang der Namen der Tausenden von Opfern der argentinischen Diktatur (1976–1983), unter ihnen Elisabeth Käsemann. Die meisten Opfer waren nicht älter als 30 Jahre.
Der Parque de la Memoria in Buenos Aires befindet sich am Rio de la Plata. Viele Opfer wurden lebend aus Hubschraubern in den Rio de la Plata geworfen, um für immer zu verschwinden. Einer von ihnen war der 14-jährige Pablo Miguez, dessen Skulptur im Hintergrund im Rio de la Plata zu sehen ist.

Einsicht in das digitale Archiv des Parque de la Memoria. Jedes identifizierte Opfer hat eine digitale Akte.

Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung von NS-Verbrechen, Ludwigsburg, 12. Juni 2018

Die argentinischen Jugendlichen von der Pestalozzi-Schule und die deutschen Jugendlichen vom Wildermuth-Gymnasium nahmen gemeinsam an einem Workshop der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg teil. Der Direktor der Zentralen Stelle, Leitender Oberstaatsanwalt Jens Rommel, erläuterte den Schülerinnen und Schülern die Arbeit der Ermittlungsbehörde.

Buenos Aires – Tübingen, 24. April 2018

Buenos Aires – Tübingen: Skypen zwischen den Welten.

Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Stuttgart, 20. Februar 2018

Workshop zum Thema Ausstellungskonzeption im Haus der Geschichte Baden-Württemberg mit den Schülerinnen und Schülern des Wildermuth-Gymnasiums.

Memoria Abierta, Buenos Aires, 25. Oktober 2017

Der Besuch bei der argentinischen Menschenrechtsorganisation Memoria Abierta gab den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Schulprojekts der Elisabeth-Käsemann-Stiftung wertvolle Einblicke in die Aufarbeitung staatlicher Menschenrechtsverbrechen.

Pestalozzi-Schule, Buenos Aires, 18. August 2017

Die argentinischen Schülerinnen und Schüler des Schulprojekts interviewten Dr. Luisa Wettengel, Mitglied der Gruppe der deutschen Opferangehörigen der argentinischen Militärdiktatur und Lehrerin an der Pestalozzi-Schule während der Diktatur.

Pestalozzi-Schule, Buenos Aires, 11. August 2017

Der ehemalige Direktor der Primarstufe (1970–1983) der Pestalozzi-Schule in Buenos Aires, Jorge Fasce, berichtete der Schülergruppe über seine Erfahrungen als Direktor zur Zeit der argentinischen Militärdiktatur.

Kooperationen

Gefördert mit Mitteln des evangelischen Kirchlichen Entwicklungsdienstes

Mit freundlicher Unterstützung des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland